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12. Die Ogasawara-jima, Muninto- oder Bonin-Inseln nebst den »Kazan (Kasan) Retto« oder der »Vulkankette« *).

      Mit den drei ersten Namen bezeichnet man eine Gruppe kleiner Inselchen, welche auf Karten etwa 800 km SSO. von Yokohama


      * 1) ›Islas del Arzobispo ó de Bonin‹, Boletin de la Sociedad Geográfica de Madrid 1878.
      – 2) R. Robertson, ›The Bonin Islands, Transact. Asiat. Soc. Japan, Vol. IV, 1876.
      – 3) O. Warburg, ›Eine Reise nach den Bonin- und Volcano Inseln‹, Verhandlungen der Gesellschaft f. Erdkunde. Berlin 1891.
      – 4) S. Yoshiwara, ›Geological Age of the Ogasawara Group‹, Geol. Magazine, Vol. IX, p. 296 ff. 1902.
      – 5) F. W. Beechey, ›Narrative of a voyage to the Pacific and Behrings Strait‹, London 1831.

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zwischen 26° 30' N. und 27° 45' N., sowie unter 142° 16 1/2' O. (Port Lloyd) zu finden sind. Der erste bezieht sich auf den Japaner Ogasawara, der sie 1593 entdeckt haben soll; den zweiten gab man ihnen, weil sie früher unbewohnt waren, Muninto = Inseln (to), ohne (mu), Menschen (nin). Von diesem japanischen Namen stammt offenbar als Korruption die gewöhnliche Bezeichnung Bonin-Inseln. Älter als diese Benennungen ist die spanische ‹Islas del Arzobispo› (Inseln des Erzbischofs, gemeint ist der von Manila). Sie rührt von dem spanischen Seefahrer Rui Lopez de Vallalobes her, der von Manila aus sowohl die Islas Volcanes, als auch die Muninto-Gruppe im Jahre 1543 entdeckte und benannte. Die 20 Inselchen dieses Archipels umfassen ein Areal von 69,4 qkm und 4519 Ew. (Ende 1898). Sie zerfallen in drei Gruppen, deren südlichste im Jahre 1823 vom Kapitän eines nordamerikanischen Walfischfängers neuentdeckt und ihm zu Ehren Coffin-Inseln genannt wurde. Unsere näheren Kenntnisse des Archipels verdanken wir jedoch erst dem englischen Kapitän Beechey, der mit dem Kriegsschiff ‹Blossom› am 9. Juni 1827 die beiden nördlichen Gruppen entdeckte, die seitdem als Beechey- und Parry-Inseln unterschieden werden. Die grösste der mittleren oder Beechey-Gruppe wurde von ihm Peel-Insel genannt und ihr guter Hafen Port Lloyd. Eine Kupferplatte, die er hier an einem Baumstamme festnagelte und die später aufgefunden wurde, trägt folgende Inschrift: ›H. M. S. Blossom, Captain Beechey, R. N. took possession of this group of Islands in the name and on behalf of His Majesty King Georg, the 14th June 1827.‹ —

      Im Jahre 1830 kamen auf Betrieb des englischen Konsuls der Sandwich-Inseln die ersten Kolonisten nach den Bonin-Inseln, eine gemischte Gesellschaft aus einem Engländer, einem Italiener, einem Dänen, sowie fünf Männern und zehn Frauen von den Sandwich-Inseln. Walfischfänger landeten später zuweilen und hinterliessen hier einige ihrer Leute; doch kümmerte sich die englische Regierung nicht weiter um diese entlegene kleine Kolonie. Als 1875 Konsul Robertson von Yokohama ihr einen Besuch abstattete, fand er eine Gesellschaft von 64 Personen, bestehend aus Engländern, Franzosen, Amerikanern, Spaniern, Südseeinsulanern, Negern, zwei japanischen Frauen und Bastarden. Unter ihnen war nur einer, ein Engländer Namens Webb, der lesen und schreiben konnte. England hatte schon 1861 seine Ansprüche an die Insel fahren lassen, als Japan ein älteres Eigentumsrecht darauf geltend machte. In der Neuzeit wurde die Gruppe gleich allen vulkanischen Inseln südlich der Sagami-nada dem Tokio-fu unterstellt, organisiert und in regelmässige Verkehrsverbindung damit gebracht.

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Hand in Hand damit ging die Ersetzung der englischen Namen durch. japanische. So heisst die südlichste oder Coffin-Gruppe jetzt nach ihrer grössten Insel Haha-jima (Mutterinsel). Auf der früheren Beechey-Gruppe erhielt die Peel-Insel und mit ihr die Gruppe den Namen Chichi-jima (Vaterinsel), und in analoger Weise die nördlichste oder Parry-Gruppe nach ihrem grössten Eiland Muko den Namen Muko-jima (Schwiegersohninseln). Die bedeutendsten Bodenerhebungen, Berge von 300-360 m Höhe, finden sich auf Haha-jima.

      Der Archipel ist in den letzten Jahrzehnten von Japan aus oft besucht worden; aber niemand hat unsere Kenntnisse von der Natur desselben auch nur annähernd in dem Masse gefördert, wie die Professoren O. Warburg und S. Yoshiwara. Warburgs Augenmerk war vornehmlich pflanzengeographischen Studien gewidmet. Wie der auf den grossen japanischen Inseln nach dem Süden vorschreitende Forscher den allmählichen Übergang der Vegetation zu dem subtropischen und tropischen Charakter, des blattwechselnden Laubwaldes zu dem immergrünen, wahrnimmt, so folgte Warburg dem Wechsel auf der langen Inselreihe, die er von Yokosuka aus kennen lernte bis zu den südlichsten Gliedern des japanischen Reichs. Er konnte nicht bloss den Wechsel in den vorherrschenden Arten, sondern vor allem auch die zunehmende Armut an Spezies im allgemeinen und an eigentümlichen Formen insbesondere konstatieren, eine Erfahrung die jeder Pflanzenkundige beim Besuche von kleineren ozeanischen Inseln macht, die fern vom Festlande liegen. Auf Ogasawara konnte er die Zahl der bisher bekannten einheimischen Phanerogamen von 80 auf etwa 200 Arten vermehren, unter denen aber kaum 15 ursprüngliche Ortsansässige sein dürften. Dieser Flora fehlen alle Charakterzüge der japanischen. Sie weist Fächerpalmen und andere tropischen Formen auf. Viel ärmer ist die Landfauna, für welche der fliegende Hund das einzige einheimische Säugetier ist. Dagegen hat die Meeresfauna tropischen Charakter und einen grossen Reichtum an Arten aufzuweisen. Zahlreich sind auch ihre Schildkröten. Mit grosser Anerkennung spricht Warburg von dem Fleisse und der Sorgfalt, mit denen die eingewanderten Japaner auch hier ihre kleinen Felder bebauen, auf denen sie Zuckerrohr, Taro, Bataten und andere Feldfrüchte kultivieren, und vergleicht ihre Dörfer mit den elenden Hütten und ihrer vernachlässigten Umgebung, die den Rest der früher hierher verschlagenen Weissen und Polynesier kennzeichnet. Für das ›Dolce far niente‹ ihres früheren Lebens ist unter japanischer Herrschaft selbst in dem früher so verlassenen Archipel kein Raum mehr.

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      Im geologischen Abschnitt wurde bereits S. 64 hervorgehoben, dass die grosse vulkanische Fujispalte im Norden am Japanischen Meer mit der Miokosan-Gruppe beginnt und in den Tropen mit den Marianen unter 16° N. endet. Ihre beiden südlichsten japanischen Glieder sind die Bonin- und die Vulkaninseln *). Die letzteren, steil und hoch aus dem Meer emporsteigende Andesitmassen von geringem Umfang, liegen südwestlich von Haha-jima zwischen 24° 16' und 25° 26' N., 141° 12' und 141° 30' O. Sie wurden von Süden nach Norden der Reihe nach von Lopez de Villalobes 1543 entdeckt und benannt**). Die grösste und bekannteste ist die mittlere, die 195 m hohe Iwo-jima (Schwefelinsel, spanisch Isla Azufre ó Fortuna), nördlich von ihr erhebt sich Kita Iwo-jima (Nord-Iwojima) auf 768 m, endlich in südlicher Richtung, nicht weit vom 24. Breitengrade, Minami-Iwo-jima (die südliche Schwefelinsel, spanisch Volcan de S. Augustin und Volcan Sur ó de San Dionisio) mit 921 m Höhe. Warburg besuchte die mittlere oder eigentliche Schwefelinsel und macht interessante Angaben nicht bloss über die arme Flora, sondern auch über einige Japaner, welche mit ihrem Boote während eines Taifuns hierher verschlagen worden waren, wo sie schon vier Jahre gelebt hatten und nun ihre Errettung fanden.

      Die Ogasawara-Inseln sind nach Yoshiwara typische submarine Vulkane, gebildet aus Trachyttuff und trachytischer Lava und vornehmlich aus Augit-Andesit aufgebaut. Auch findet man zahlreiche Liparitbänke, sowie Serpentin. Diese Gesteine waren zum Teil schon früher von dort bekannt; doch hat Yoshiwara während seines vierwöchentlichen Aufenthaltes auf den beiden südlichen Gruppen des Archipels die Art ihres Vorkommens und vieles Andere genauer nachgewiesen. Der grösste Erfolg seiner Studienreise ist jedoch die Entdeckung der Eocänformation mit charakteristischen Nummuliten, die bisher im japanischen Reich noch nirgends nachgewiesen wurden. An verschiedenen Stellen fand er Tuffbänke von 30-40 Fuss Mächtigkeit einige hundert Fuss, und in einem Falle sogar mehr als 600 Fuss über dem Meeresspiegel, erfüllt von Nummuliten, auch mit zahlreichen Arten mariner Muscheln und Schneckenschalen. Bei späterer Prüfung der


      * Durch letztere ist Japan in Ozeanien Deutschlands ungefährlicher Nachbar geworden.
      **) Die spanische Karte von Coello (Islas Marianas, Palaos y Carolinas), welche 1852 erschien, fasst sie mit verschiedenen isolierten vulkanischen Felseninseln, darunter Rasa (unter 24° 27' N. und 130° 25' O.), unter dem Kollektivnamen Archipelago de Magalhaes zusammen.

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›Münzsteine‹ erwiesen sie sich identisch mit zwei von Java längst bekannten Arten, dem Nummulites baguelensis Verbeek und N. javanus Verb. Diese überraschenden Tatsachen sind ohne Zweifel von hohem wissenschaftlichen Werte. Die Entdeckung Yoshiwara's dürfte den Ausgang und die Anregung bieten für noch manche geologische Unternehmung nach vulkanischen Gebieten des Stillen Ozeans, und über die gewaltigen Veränderungen, welche sie im Laufe unberechenbarer Zeiten erlitten haben, mehr Licht verbreiten. —

Source.
Johann Justus Rein.
      Japan, nach Reisen und Studien im auftrage der königlich preussischen regierung dargestellt.
Erster Band: Natur und Volk des Mikadoreiches.
Leipzig: Verlag Von Wilhelm Engelmann, 1905.
pp.731-735.

This transcription was made from the volume at Google Books.


Last updated by Tom Tyler, Denver, CO, USA, Jul 13, 2023

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